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Rauchfrei - Teil II

Sicher ist Sicher.

No Smoking
Smoke

Diesen Artikel wollte ich schreiben, wenn ich mir so richtig sicher bin. Also sicher, sicher. 100% sicher, sodass mich kein Kippen - Qualm mehr aus der rauchfreien Bahn werfen kann, sondern der Gestank einer Zigarette mich anwidert und ich schon fast nicht mehr glauben kann, dass ich mir dieses Zeug einmal durch meine Lungen und somit auch durch meinen Körper gejagt habe.

Geschafft. Ich bin mir sicher, sicher!

 

Ganz so einfach war es jedoch nicht. Die Story fing Anfang des Jahres an (den Beitrag dazu könnt ihr in Rauchfrei - Teil I nachlesen). Mit guten Vorsätzen und so - obwohl ich eigentlich nichts von guten Vorsätzen am Jahresbeginn halte. Die kann man ja auch immer wieder - verteilt über das ganze Jahr -  haben und im besten Falle dann auch umsetzen.

 

Also ist an und für sich Anfang des Jahres (und mit leichten Startschwierigkeiten) eine Entscheidung  gefallen. Eigentlich plagte mich seit quasi IMMER ein schlechtes Gewissen nach jeder Zigarette, die ich geraucht habe. Eigentlich habe ich nicht eine einzige Zigarette meines Lebens jemals genossen. Was gibt es denn daran eigentlich zu genießen? Stinkt, schmeckt nicht und verschmutzt die Umwelt.

"Eigentlich geht es doch um den klitzekleinen kick!"

Dieser erste Moment:  du hängst am Glimmstängel, inhalierst den allerersten Zug deiner frisch angezündeten Zigarette und dann überkommt dich dieses Gefühl - manchmal fast schon so leicht und flockig, dass du das Gefühl hast im darauffolgenden Moment in Ohnmacht zu fallen. Darum geht es doch eigentlich, oder? Dieser kurze Rausch. Der Rest ist doch eigentlich nur lästig und teuer. Zumindest meiner Erfahrung nach.

Aber mir fiel es tatsächlich nicht leicht, einfach so damit aufzuhören. Die Vermutung lag sehr nahe, dass alles unschöne andere, welches ich so mühsam aus meinem Leben entfernt habe, wiederkommen könnte, wenn ich nun auf die Zigaretten verzichte. Absurd eigentlich, denn warum sollte ich anfangen zu trinken, oder anderweitigen Quatsch konsumieren, nur weil ich nicht mehr rauche? Warum sollte ich von jetzt auf gleich 15 kg zunehmen, obwohl ich mich gesund ernähre und ausreichend Sport treibe? Muss es mir so gehen, weil es anderen auch so geht? Nein. Liegt es in meiner Hand? Ja.

Warum?

In vielerlei Hinsicht habe ich mir in den letzten 2 Jahren die Frage nach dem Warum gestellt. Warum tue ich dies und jenes? Warum fühle ich dies und das? Und warum rauche ich? Weil das mein Ersatz für Alk & Co. ist. Ein fairer Deal? Wohl eher nicht, denn gesünder hat er mich auch nicht gemacht, sondern nach und nach meine Lunge in ein schwarzes Etwas verformt. Eine Alibidroge - weil rauchen ja nicht so schlimm ist wie Alkohol und harte Substanzen  (na klar!). Das ist doch der Trugschluss. Nikotin hat mich letztendlich genauso abhängig gemacht, wie all der andere Scheiß. Also ist der Kompromiss echt faul und mit diesem Kompromiss wollte ich nicht mehr leben.

 

Ich kann den genauen Tag nicht benennen, an dem es dann soweit war. Ich hatte es versucht mit: "der allerletzten Schachtel" Diesmal aber wirklich! Und dann folgte doch noch eine und vielleicht noch eine. Aber das Gefühl, dass es für mich keinen guten Grund mehr gab, zu rauchen, überwog immer mehr und so schlichen sich die Kippen aus und irgendwann war es dann soweit. Ohne großes Tamtam. Und es hat funktioniert.

Absoluteley No Smoking
Aschenbecher

Ich hatte mich jedoch seelisch und moralisch (so gut es eben ging) darauf vorbereitet, was an den darauffolgenden Tagen sowohl körperlich, als auch geistig von statten gehen wird. Der Wunsch nach einer Zigarette war ja nicht von jetzt auf gleich verschwunden und sicherlich gab es oftmals Situationen, an denen ich mir eine Kippe gewünscht hätte. But no risk, no fun! Da muss man mit der Stimme im Kopf klar kommen und 'einfach' auch einmal aushalten. Um nämlich aufzuhören mit rauchen, musst du nämlich ... aufhören mit rauchen. Tadaa!

 

Mein Verdauungstrakt hat sich vorerst nicht so doll über diese (meiner Meinung nach) erfreuliche Nachricht gefreut. Der war nämlich auf Deutsch gesagt vorerst im Arsch. Und das war für mich im Nachhinein betrachtet das Schlimmste an der ganzen Nikotinfrei - Challenge. Es hat sich mitunter so angefühlt, als hätte ich Steine in meiner Magengegend, die sich kein Stück weit bewegen. Das liegt wohl daran, dass der Verdauungstrakt das Gift gewohnt ist und es demnach aber auch schnell wieder aus dem Körper ausscheiden möchte und somit hat der Raucher das Gefühl, dass nach einer Kippe das Ganze eben etwas besser flutscht. Fühlt sich zwar so an, ist aber eher als Warnsignal des Körpers zu betrachten, der das Dreckszeug einfach schnellstmöglich wieder loswerden möchte. Und wenn das Zeug dann erst einmal weg bleibt, dann wundert sich der Darm und muss sich erst einmal wieder neu sortieren und das entspricht dann diesem unwiderstehlichen Gefühl eines Blähbauches. 

Abhilfe.

Tee. Ganz viel Tee. Und Kaffee (die vorerst neue - alte Ersatzdroge). Ich habe mich im Reformhaus informiert und mich haben die Teesorten 7x7 Kräutertee und Lapacho Iperoxo in den ersten Tagen sehr gut unterstützt, da sie meinem Körper beim Entgiften unter die Arme gegriffen haben. Die Steine im Bauch sind vorerst geblieben. Also musste eine andere Strategie her, denn mehr Sport ging nicht - dann wäre ich wieder bei den Extremen. Die sind anstrengend und das wollte ich vermeiden.

 

Ich wusste, das Fasten helfen soll aber ich wollte nun nicht noch tagelang komplett auf die Nahrungsaufnahme verzichten (das wäre auch anstrengend.). 16/8  war mein Retter in der Not. Ich stöberte im Internet und entdeckte den wundervollen Blog von Dr. med. Petra Bracht und ihren Youtube Kanal, auf dem sie das Intervallfasten und dessen Vorteile erklärt. Zum Thema Intervallfasten hat sie auch ein Buch geschrieben. Ganz kurz und knapp erklärt geht es darum, dass du deinen Körper entlastest und er den "Zellmüll" bestmöglich verarbeitet. Das körpereigene Recycling - Programm springt an. Du bringst somit deinen Körper dazu, seine Selbstheilungskräfte zu mobilisieren, in dem du 16 Stunden fastest und die restlichen 8 Stunden 1-3 Mahlzeiten zu dir nimmst. Natürlich solltest du dabei auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung achten. Alles in allem schien mir diese Methode ziemlich einleuchtend, um die Steine in meiner Magengegend los zu werden. Einen Versuch war es also wert.

 

Die vorteile

  • Bauchfett wird reduziert ( durch das Bauchfett produziert der Körper vermehrt Stoffe, die Entzündungen hervorrufen)

  • Du hast mehr Energie
  • Du bist gelassener
  • bessere Konzentrationsfähigkeit
  • Schlafen, wie ein Baby
  • Gewichtsreduktion (war in meinem Falle irrelevant)

Und nach ungefähr 2 Monaten war das Ding dann durch, obwohl ich mich jetzt nicht immer exakt an die 16/8 Regel gehalten habe und ich zugegebener Maßen oftmals auch Tage hatte, an denen ich gerne Mal gegen etwas getreten hätte und mein Körpergefühl dahin war. Aber  die Mühe hat sich definitiv gelohnt. Ich habe kein Verlangen mehr nach einer Zigarette und mein Körper dankt es mir. Ich habe 2 kg zugenommen und das ist völlig ok.

Einatmen & Ausatmen

Meditation
And Breathe Neon

"The opposite of addiction isn't sobriety, it's connection." Jo De Rosa // Quantum Sobriety

 

Seit nunmehr 1,5 Jahren meditiere ich fast täglich. Manchmal auch 2 Mal am Tag. Zu Beginn hatte ich immer das Gefühl, dass Meditation nichts für mich ist. Dass ich nicht so lange ruhig sitzen kann, dass ich nicht der Typ dafür bin. Aber ich habe es ausprobiert und nun ist Meditation ein fester Bestandteil meiner Morgenroutine . Wenn ich keine Zeit zum meditieren habe, dann fehlt etwas. In ihrem Buch Quantum Sobriety beschreibt Jo De Rosa ihren persönlichen Weg aus der Abhängigkeit und wie ihr Meditation und die (wieder)Verbindung zu sich selbst auf ihrem Weg in ein trockenes und cleanes Leben geholfen hat. Ich habe diesen Weg ganz intuitiv eingeschlagen, denn mein Weg aus der Abhängigkeit in die Unabhängigkeit begann mit einer Meditation in der Klinik. Und obwohl ich nicht nach jeder morgendlichen Meditation fresh & funky aufspringe und denke: "Ist das wieder ein geiler Tag!" habe ich jedoch gelernt, mich mit mir selbst zu verbinden, mit meinem innersten Kern in Kontakt zu bleiben. Ich habe meinen innersten Kern gesehen und der möchte eigentlich nur eines: lieb gehabt werden und gesund sein. Das ist letztendlich mein kleiner Schlüssel zum Erfolg. Ich habe mich selbst lieb und einmal aus einer anderen Perspektive betrachtet, würden wir doch niemandem, den wir wirklich aufrichtig lieb haben, Gift in den Rachen werfen. Das ergäbe nämlich keinen Sinn, denn dann würde es dem geliebten Wesen schlecht gehen und im schlimmsten Falle würde es irgendwann verschwinden. Also habe ich durch das Meditieren in winzig kleinen Schritten wieder eine Verbindung zu mir selbst aufgebaut und verstanden, dass mein innerster Kern Liebe ist und ich dafür sorge, dass es mir selbst gut geht und somit bin ich jeden Tag einen kleinen Schritt gegangen und konnte eine Sucht nach der anderen gehen lassen.

"und jetzt wird's verrückt!"

Ich trinke keinen Kaffee mehr. Das heißt nicht, dass ich niemals wieder in meinem Leben einen Kaffee trinken möchte - ganz im Gegenteil. Ich möchte meinen nächsten Kaffee bewusst trinken und genießen. 

Nachdem ich den Alkohol, die Drogen, die Zigaretten, den übermäßigen Sport, das nicht Essen, das zu viel Essen loslassen konnte, war Kaffee der allerletzte Suchtstängel, der geblieben ist. Ich habe ihn nicht genossen, sondern allmorgendlich zwei Tassen (schwarz, ungesüßt) hintergekippt - damit es wenigstens ein wenig schwummrig wird und über den Tag verteilt nachgeschüttet. Hand auf's Herz und nicht gelogen - das war der letzte 'Alibirausch'. Und irgendwie war das 'Aufgeben' dieser Gewohnheit letztendlich gar nicht mehr so schwer. Warum? Kaffee war mein morgendlicher Kick, aber im Nachgang hatte ich eine Matschbirne. Ich war müde, konnte nicht richtig einschlafen (zumindest nicht tief schlafen), meine Haut hat sich nicht gut angefühlt und ich habe Verfärbungen an meinen Zähnen entdeckt. Alles in allem habe ich mich mit meiner Kaffe - Routine nicht mehr wohl gefühlt. Und nun?

Hast Du denn gar keinen Spaß mehr?

Mehr als jemals zuvor. 

Aber ein Laster braucht der Mensch doch?!  - Warum?

 

Früher habe ich Menschen wie mich heute immer sehr skeptisch beäugt. Langweiler, Spießer, Hippie - die wissen einfach nicht, was Spaß ist! Aber eigentlich war ich doch tief im Inneren neidisch, weil ich damals tief in meinem suchtelnden Inneren wusste, dass ich das in meiner damaligen Situation nicht konnte. Ich klebte an meinem Rausch und dachte Telleraugen und Konfetti im Hirn ist mein Halligalli. Vegane Grüntee - Hippies sind schräge Vögel. Heute kann ich behaupten, dass, obwohl nicht alle Tage gleich sind, obwohl ich mich immer noch tierisch über Dinge, die mir nicht passen, aufregen könnte, ich einen latenten Kontrollzwang habe und ich es nicht ertragen kann, wenn eine andere Person zu nah rechts neben mir läuft - ich nichtsdestotrotz von mir behaupten kann, dass ich glücklich bin und wenn glücklich übertrieben klingt dann zumindest zufrieden (äußerst zufrieden) und die überwiegende Zeit mit mir verbunden.

In diesem Zusammenhang kann ich das Buch 'Nüchtern betrachtet war's betrunken nicht so berauschend - Ein Trip in die Freiheit' - von Susanne Kaloff wärmstens empfehlen, in dem sie auf sehr witzige, erfrischende und ehrliche Art und Weise beschreibt, wie sie das Selbstexperiment 'Alkoholfrei' begonnen hat und am Ende selbst den Kaffee gelassen hat.

photo credits: Eberhard Grossg; Steven Pahel; Max van den Oetelaar // unsplash

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