Ich bin kein Freund von Lügen. Ich bin auch kein Freund von sagen, dass immer alles geil ist. Heute zum Beispiel, ist nicht alles geil. Heute zum Beispiel fühle ich
mich irgendwie richtig "Bäh". Trotz Meditation, trotz Yoga und trotz dessen, dass ich weiß dass ich später noch einmal meditieren werde und das nichts an diesem Gefühl ändern wird. Ich
schlurfe den ganzen Tag so durch die Gegend und habe nicht wirklich das Gefühl irgendetwas gebacken zu bekommen, obwohl ich eigentlich ziemlich viel gebacken bekomme.
Manchmal bin ich auch erschlagen von den ganzen To - Do's, die ich so zu erledigen habe und frage mich, wie ich das alles hinbekommen soll. Aber tief
im Inneren weiß ich, dass alles gut werden wird.
Ich zoome raus. Ich stelle mir vor dass, auch wenn ich mich dazu entschließen sollte heute rein gar nichts zu tun, die Welt sich weiter drehen wird und nichts gravierendes passieren wird, außer, dass ich mich um mich selbst gekümmert habe.
Liebe
Ich wollte die Liebe immer rational verstehen. Und rational habe ich auch immer verstanden, dass ich zunächst einmal mich selbst lieben muss, damit ich einen
anderen Menschen lieben kann. Das hört und liest man ja so oft. Das ist auch so ein schlauer Spruch, der ab und an einmal zu unterschiedlichsten Anlässen gesagt wird. Aber wie soll das denn
gehen?
Liebe lässt sich rational sehr schwer begreifen, denn Liebe ist ja irgendwie und ich glaube auch, dass Liebe keine Erwartungen an unser Selbst
hat.
Als ich Anfang 20 war, habe ich viele schlaue Bücher gelesen, in denen erklärt wird wie das denn nun geht mit der zwischenmenschlichen Beziehung.
Schließlich war ich nicht sonderlich der Beziehungspro und ich hatte die Vermutung, dass ich an einer Partnerschaft herum schrauben muss, damit ich das Ding mit der Liebe verstehe. Ich war der
Annahme, dass ich Liebe nur in Bezug zu einem anderen Menschen fühlen kann, aber nicht wirklich zu mir selbst.
Wenn ich die Liebe zu meinen Freunden, oder meiner Familie betrachte, dann stellt diese keine Bedingungen. Die müssen nicht so, oder so sein, sonst höre ich sofort auf diese Menschen zu lieben. Meine Freunde und Familie sind auch nicht perfekt (sorry, jetzt ist es raus). Was die Liebe zu diesen Menschen in meinem Leben ausmacht ist, dass sie sein können wie sie sind, dass ich manchmal enttäuscht von ihnen sein kann, sie nicht verstehen muss, sie mich manchmal wütend machen, oder aber so sehr zum Lachen bringen, dass mir die Luft weg bleibt. Diese Liebe ist an nichts gebunden, außer dass sie menschlich ist. Diese Liebe beinhaltet sowohl die positiven, als auch die negativen Eigenschaften.
Früher habe ich auch gedacht dass ich, wenn ich es mir nur oft genug sage, irgendwann auch glauben werde, dass ich mich selbst liebe. Ich wollte mich quasi irgendwie selbst brainwashen. Das hat aber echt nicht sonderlich gut funktioniert. Also suchte ich die Liebe im Außen und habe Chaos erstanden. In mir herrschte Chaos und ich wusste nicht, wie ich es aufräumen kann. Ich musste denken und denken und denken und verstehen und begreifen und dachte, so kann ich mir meine eigene Liebe erdenken. Aber Liebe wollte ich eigentlich fühlen.
Aushalten
Wie schaffen wir es eigentlich, uns selbst auszuhalten? Die Antwort ist: es ist genauso leicht/schwer, wie auf Alkohol zu verzichten. Um uns selbst auszuhalten, müssen wir nichts tun, sondern eigentlich einfach nur mit uns selbst sein, aber das kann wirklich sehr, sehr laut sein. Ähnlich ist es mit dem Vorhaben, auf das nächste Glas Wein zu verzichten. Wir wissen, dass wir es einfach lassen sollten, aber ganz so einfach ist es nicht.
Sich aushalten fühlt sich für mich so an wie der Moment zwischen zwei Atemzügen. Ein Moment, in dem ich mich in mich selbst fallen lassen kann und nichts zu ernst nehmen muss. Ein Moment in dem ich verstehe, dass ich mir mein eigenes Leben zusammengeschustert habe und unzählige von Bewertungen gebe. Und wenn ich rauszoome und einfach nur bin, entdecke ich die Leichtigkeit. Die knallt nicht so wie fünf Shots, sie streichelt mir eher sanft über meinen Kopf und flüstert mir in mein Ohr: "Nimm die Dinge nicht zu ernst, denn alles wird vorübergehen."
Der Grund weswegen ich mich und meinen Partner in Beziehungen getötet habe war, dass ich nicht wusste, wie ich zu mir selbst gelange. Ich habe gegen alles und jeden gekämpft und wollte Macht ausüben und wurde machtlos. Ich habe das leise Summen der ersten Verliebtheit im Keim erstickt. Dann habe ich lauthals herumgeschrien, dass es diesmal die Liebe meines Lebens ist. Das kann nichts werden und ich musste sterben. Nicht der andere, ich musste sterben. Ich war abhängig von einer Illusion die ich von mir und meinem Liebesleben hatte. Und meine Ambivalenz zerriss mir meinen Verstand.
Das soll gar nicht traurig klingen. Ich bin nicht traurig. Ich trauere auch niemandem mehr hinterher. Ich habe gelernt mit mir selbst zu sein, als ich gelernt habe, die Flasche Weißwein stehen zu lassen. Das beides ging Hand in Hand. Ich habe mich zum ersten Mal in meinem Leben für mich entschieden und innerlich tobte ein Tornado. Es gab aber nichts mehr, was ich auf dieses Gefühl drauf schütten wollte. Das war dann einfach alles da. Der Druck, die Selbstzweifel, Momente der Leichtigkeit, Verwirrung. Alles war plötzlich da. Und zu Beginn wollte ich alles immer perfekt machen, ich wollte alles gut machen, da ich irgendeine Bewertung erwartete. Aber scheiß auf Bewertungen und scheiß auf "was andere Menschen sagen". Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich verstanden, dass es in meinem Leben wirklich primär nur um mich geht. Und das kann ich so selbstbewusst schreiben, weil es in meiner Welt nicht mehr egoistisch ist.
Ich habe irgendwann den Moment zwischen zwei Atemzügen abgepasst. Ich habe kurzfristig meine eigene Bubble kreiert, weil ich die Luft angehalten habe. Und während ich in dieser Blase schwebte, habe ich mich dazu entschlossen, einfach nur zu sein. Ich bin nicht immer fröhlich, ich bin nicht immer gut gelaunt, ich könnte manchmal ausrasten. Aber ich kann mit mir sein. Ich verbringe sehr, sehr gerne Zeit mit mir, weil sich in dieser Bubble eine zarte Freundschaft bildete. Ich hatte ein Bild von mir selbst vor Augen und habe mir selbst ein Versprechen gegeben: "Ich lasse deine Hand nicht mehr los." . Egal was passiert, ich habe mir versprochen, dass ich meine eigene Hand nicht mehr loslasse und abdrifte. Ich würde gerne passende Worte dafür finden, um den Prozess im Detail zu beschreiben, aber eigentlich waren es Millionen kleiner Teilchen, die sich nach und nach an die richtige Stelle setzten. Ich habe den Moment zwischen zwei Atemzügen entdeckt und ich wollte immer und immer wieder dort hin zurück, weil dieser mich fühlen lässt. Dort darf ich einfach nur sein, wie ich bin. Ohne Bewertungen. Dort darf ich einfach alles sein. Und dort habe ich die Liebe zu mir selbst entdeckt. Und diese ist nicht laut. Diese lässt mich auch nicht immer auf Wolken schweben, genauso wie die Nüchternheit. Nüchternheit, Liebe und Selbst gehören für mich zusammen. Und deswegen kann ich die Zeit mit mir genießen, weil ich mich aushalten kann und das war wiederum die Entscheidung dafür, einfach einmal nichts zu tun, sondern einfach nur zu fühlen.
Kennt ihr die Menschen, die ankündigen, dass sie sich fest vorgenommen haben von nun an regelmäßig Joggen zu gehen. Im selben Atemzug sagen sie, dass sie sich schon neue Turnschuhe und ein Buch darüber gekauft haben. Das Geheimnis ist, du musst es machen.
photo credits: Pedro da Silva; Toa Heftiba // Unsplash
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Theresa (Mittwoch, 04 März 2020 20:58)
Du hast mich mal wieder mitten ins Herz getroffen und mich in deinen Bann gezogen, auf den Boden der Tatsachen zurück geholt und mir wiedermal bewusst gemacht, dass es reicht zu „sein“.
Danke Vlada ❤️
Halka (Dienstag, 10 März 2020 19:21)
Ja, genau, das ist so wahr, man muss sich aushalten lernen. So treffend und poetisch geschrieben.
Danke