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bubble. Zwischen den Jahren.

Bad Hair Day
Ich auf dem Bett meiner Mutter.

Die meiste Zeit des Tages sehe ich so aus. Ich trage irgendetwas auf dem Kopf, damit mir meine Haar nicht zu Berge stehen. Ich trage den Oversize - Pullover, den ich mit 16 Jahren bei meinem Austauschjahr in den Staaten bekommen habe, als ich als Kugelstoßerin im "Track and Field" Team  war. Ich finde enge Klamotten lästig, genauso lästig finde ich es, mich zu schminken. Das kostet zu viel kostbare Zeit. 

 

Oftmals gehe ich früh Morgens mit meiner Hündin aus dem Haus und habe einen Coffee To - Go in meiner Hand. Oftmals ist es so, dass ich versuche, die erste morgendliche Runde in der Natur zu genießen. Bis meine Gedanken anfangen zu kreisen. Bis sie mir sagen, dass ich dieses und jenes noch machen muss und dass das Alles heute noch passieren muss. Und wenn ich dann innerlich laut "Ruhe" brülle, dann halten sie zwar kurz den Mund, aber kurze Zeit später sind sie wieder da. Dann lasse ich es eben.

 

Tatiana meinte letztens am Telefon ganz treffend zu mir: "Vlada, ich weiß nicht, ob ich es sagen soll, aber vielleicht warst Du bisher in deiner eigenen Bubble.". Ich habe das Gefühl, dass sie Recht hat. Mich wirft es latent aus der Bahn, beziehungsweise komme ich kurz ins Stolpern  - besser gesagt ins Grübeln - , wenn mir Menschen sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Eigentlich sagen mir die Menschen das auch selten. Ich komme eher ins Straucheln, wenn mir gesagt wird, dass sich Menschen Sorgen um mich machen. Ich mache mir nämlich keine Sorgen um mich. Ich meine, ich habe ganz gut gelernt mich um mich selbst zu kümmern.

Es ist so viel passiert und manchmal habe ich das Gefühl, dass ich meinen eigenen Gedanken und Träumen hinterher sprinte. Ich laufe und laufe und will alles auf einmal und in meinem Kopf ist alles schon fertig und ich sage: "Los Universum, los, los, los, los." Aber vielleicht bleibt mir irgendwann die Puste aus?

 

Ich befinde mich momentan in einem Zwischenzustand. Ich mache alles anders, aber irgendwie auch alles gleich. Ich gehe aus der Kleinstadt in eine noch kleinere Stadt und ziehe mit 34 Jahren wieder bei Mutti ein. Das letzte mal bin ich bei ihr eingezogen, als es mir absolut nicht gut ging. Also mache ich eigentlich alles anders und doch irgendwie alles genauso. 
Ich habe einen Job aufgegeben, der mir überhaupt keinen Spaß gemacht hat, weil ich ganz oft dachte, dass die Dinge dort völlig falsch laufen. Vielleicht bin ich auch "unemployable" wie Holly  von hipsobriety einmal in einem Interview über sich selbst gesagt hat. Ich mache lieber Dinge selbst, als mich auf jemand anderen zu verlassen. Ich hasse es, wenn Menschen über andere Menschen herziehen. Ich hasse es, wenn Aufgaben nicht klar sind und ich hasse es, wenn ich das Gefühl habe, dass die Dinge, die ich tue, eigentlich nutzlos sind. Also habe ich beschlossen, damit aufzuhören. Es war das erste Mal, dass ich zu meiner Vorgesetzten gegangen bin und gesagt habe, dass ich aufhöre. Und in diesem Moment fielen mir 300 kg Balast von meinen Schultern. Ich will nie wieder morgens aufstehen und dieses dumpfe Gefühl in meinem Bauch haben, dass sich alles innerlich sträubt auf Arbeit zu gehen. Das habe ich mir versprochen und das werde ich auch halten.

Sicherheit

Das Ding mit der Sicherheit ist so eine Sache. Ich will die Unsicherheit von anderen Menschen nicht. Früher habe ich Katastrophen provoziert. Ich wollte Sicherheit und einen festen Job und eine Beziehung. Ich wollte das alles wirklich, aber habe mich nie gefragt, warum eigentlich. Warum? Wozu? Wofür? 
Ich habe getan, was ich von mir selbst verlangt habe, ganz viel Schein und ganz wenig Sein. Ich wollte auf Nummer Sicher gehen, bin aber dabei Krachen gegangen. Das will ich nicht mehr, das habe ich mir versprochen. Ich will mich nie wieder so fühlen. Ich möchte frei sein. Frei in meinen Entscheidungen und frei in meinem Handeln und auch wenn es sich so anfühlt, als würde ich denselben Mechanismus anwenden wie zuvor, weiß ich, dass es heute anders ist. Ich weiß, was ich will.

 

In meiner "Kleinstadt Bubble" saß ich da und habe mich nicht mit alkoholischen Dingen konfrontiert. Ich habe gelesen, geschrieben, gelesen, geplant. Ich habe selten Filme oder Serien geschaut, geschweige denn gedated. Es gab meinen Hund, mich, mein Bett und eine Vision. 
Dieser Bubble bin ich nun entflohen. Vielleicht bin ich ein Stück weit mehr in die Realität eingetaucht. Hier, in der Wohnung meiner Mutter, fühle ich mich wohler als in meiner Wohnung in Wittenberg. Ich habe das Gefühl, das alles richtig ist, obwohl alles so neu ist. 
Hier läuft der Fernseher, hier sehe ich Sendungen, in denen getrunken wird, hier habe ich mein 3. nüchternes Weihnachtsfest verbracht und habe mitbekommen, dass nicht Trinken nicht selbstverständlich ist.

 

Ich sitze nun in einer Art Zwischenraum zwischen den Jahren. Aus einer Perspektive betrachtet, habe ich ziemlich viel erreicht, aus einer anderen Perspektive betrachtet, hätte auch so viel mehr gehen können. Aber ist nicht die Frage zuletzt, welche Bewertung ich dem Ganzen gebe? Ich möchte mehr Ich sein. Noch mehr ich.
Ich habe das Gefühl, ich stehe kurz vor dem Absprung. Ich warte auf bürokratischen Krimskrams, damit ich endlich loslegen kann. 

Jump

Aber was ist, wenn das alles nicht funktioniert? Was ist, wenn ich mir das alles nur einbilde und morgen wache ich auf und bin wieder in "vor zwei Jahren". Im "Hals über Kopf Entscheidungen treffen"  und dann sitze ich bei Mutti und heule mir den Rotz aus der Seele.

Was ist dann?

 

Dann kann ich mir wenigstens nie vorwerfen, dass ich es nicht versucht habe. Dann kann ich mir niemals vorwerfen, dass ich nicht auf die Suche nach meinem "Warum" gegangen bin, dann kann ich mir nicht vorwerfen, dass ich nicht wenigstens versucht habe Alles zu geben. Dann kann ich mir nicht vorwerfen, dass ich mit meiner Geschichte die Welt ein wenig nüchterner machen wollte. Mein "Warum" ist viel zu groß, als das ich meinen Selbstzweifeln verfallen könnte.
Es ist nicht so, dass keine Zweifel vorhanden sind. Gedanken wie: "Andere sind viel schneller als Du. Andere wissen mehr als Du, andere sind dir 54,3 Schritte voraus."  Ich kann aber nicht alles wissen und ich kann nicht schneller laufen, als ich laufe. Und vor allem versuche ich darauf zu hören, was mir wirklich Freude bereitet. Texte mit Tipps bringen Klicks. Ich gebe gerne Tipps. Aber ich schreibe noch viel lieber Texte wie diesen hier. Ich liebe es, wenn die Worte aus mir heraussprudeln. Und heute habe ich das Gefühl, dass sich so viel angestaut hat. Das ich diesen Text für mich selbst schreibe, um mir selbst zu zeigen, dass alles in Ordnung ist. Das ich sicher bin. Dass, obwohl es den Anschein haben mag, dass ich alles so handhabe wie früher, doch alles ganz, ganz anders ist. Ich weiß das, denn ich fühle das.

 

Ich frage das Universum, ich lege die Karten (oder lasse sie legen), ich räucher meine Bude aus - weil es mir Sicherheit gibt. Im Übrigen noch ein Grund, weswegen ich Wittenberg verlassen habe - ich wurde stets angeschaut wie ein Auto, wenn es um die Themen Yoga, Meditation und Veganismus ging. Ich halte Menschen keine Vorträge darüber, ich werde auch niemanden von meiner Meinung auf Krampf überzeugen wollen - so funktioniert das nämlich nicht. Aber "good Vibe" ist wichtig und ich möchte mich nicht mehr mit Menschen umgeben, bei denen ich das Gefühl habe, dass sich alle gegenseitig nach Unten ziehen, dass niemand vor dem anderen sicher ist. 
Früher hätte ich mir Gedanken darüber gemacht, was mit mir nicht stimmen könnte. Ich war immer irgendwie "anders". Aus welchen Gründen auch immer. Zu lockig, zu russisch, zu klug, zu breit, zu dünn, zu alles. Aber wisst ihr was, seitdem ich nüchtern bin ist es mir in 98% der Fälle scheiß egal, was andere Menschen über mich denken. Es fühlt sich fast so an, als hätte ich mit der Entscheidung nüchtern zu leben auch die Entscheidung getroffen, eine Reise zu mir selbst anzutreten. Wer bin ich, wo will ich eigentlich hin und wen um alles in der Welt möchte ich dabei haben? Und ich liebe schön schräge Menschen. Meine Freunde sind allesamt der absolute Knaller, aber auch alle irgendwie so wundervoll schön und schräg. Mit schrägen Menschen lässt es sich für mich leichter leben. Die sehen die Welt durch andere Augen und laufen nicht dem Einheitsbrei nach. Das bereichert mich und mein Leben.

Love. Hurts. Not.

Wir sollten uns gegenseitig nicht weh tun. Wir dürfen uns sehr gern aneinander reiben, aber wir sollten uns niemals weh tun. Im Kleinen und im Großen. Wir glauben vielleicht an andere Dinge, aber das heißt noch lange nicht, dass das eine Falsch ist und das andere Richtig. In meiner Zwischenzeit hänge ich zwischen zwei Jahren und denke auch über die Liebe nach. 

Fazit: Eine Trennung. Kein Sex und ein Date. Und was macht das mit mir? Irgendwie nichts, aber irgendwie auch ganz, ganz viel. 
Ich möchte lernen, mir 1000 Mal mehr zu vertrauen. Das lief das letzte Jahr schon unfassbar gut, da geht aber bestimmt noch mehr. Einige Dinge gehen für mich überhaupt nicht. Da ziehe ich knallharte Grenzen und wenn diese Grenzen überschritten werden, dann heißt es. "Ciao, Cacao!" für immer und immer und immer. Da lasse ich nicht mehr mit mir verhandeln. "High Five" auf diese Entscheidung.

Letztens habe ich datesohnedrinks gesuchtelt. Obwohl ich selbst einen Blog betreibe, lese ich selten andere Blogs. Aber den finde ich mega. Ich habe auf einmal Alles gelesen und wurde in mein früheres Ich katapultiert. Dazu musste ich mir glatt nen alkoholfreien Bitter - Apfel mischen, damit ich weiterlesen kann.

"Merke:wenn du dich unwiderstehlich von menschen angezogen fühlst, die nicht zu haben sind, bedeutet das, dass du nicht zu haben bist."

Und als ich über das Zitat so nachgedacht habe und mir die Frage gestellt habe, ob ich denn eigentlich zu haben bin, musste ich mir eingestehen, dass ich nicht zu haben bin. 

Es ist nicht so, dass ich mir nicht ab und an mal einen Partner wünsche. Es ist auch nicht so, dass ich mir keine Kinder wünsche. Ganz im Gegenteil. Der Unterschied ist aber der, dass ich nicht wild darauf los suche, oder irgendjemanden einfach so in mein Leben lasse. Da braucht es tatsächlich etwas mehr. I want the real thing.

 

Für mesober.com habe ich "Sober Dating"  ausprobiert mit dem Fazit, dass ich Tinder immer noch scheiße finde. Ich weiß nicht, ob es an der App, der Stadt, oder den Männern liegt. An mir liegt es ganz bestimmt nicht. (Das ist natürlich ein Scherz), aber ich habe keinen Plan von dieser Dating - Welt. Ich finde es eher anstrengend, ich würde diesen Small Talk - Wischiwaschi gerne überspringen und gleich zum Real Talk kommen. Außerdem stehe ich auf klare Ansagen. Zudem habe ich wieder einmal festgestellt, dass ich keine Gedanken lesen kann. #shithappens. Ich frage mich, warum wir nicht einfach mehr klare Ansagen machen wie beispielsweise: "Es war sehr nett (nett ist immer der Bruder von "war lame") mit dir, deswegen möchte ich dich nie wieder sehen. Danke für nichts."  machen können. Damit würde ich viel besser klarkommen. Ein: "Ich will dich nicht sehen." hat für mich so viel mehr Charme als "blablablabla,...sorry, hab noch Brokkoli auf dem Fahrrad". Bitte what? Ich komme damit nicht klar. Man könnte sich aber auch vorab ausmachen, dass man das Date auch beenden kann, wenn man es kacke findet. Ich checke männliche (oder was auch immer)  Signale nicht.

Aber ich habe herausgefunden, dass Dating - Schnulli ein riesengroßer Trigger ist. Vor allem, wenn keine klaren Ansagen gemacht werden und ich das Gefühl habe, ich falle aus allen Wolken. #hassick
Also lasse ich das. 

 

Und so hänge ich zwischen den Jahren und lasse Revue passieren und weiß, dass 2019 schon richtig geil war und das 2020 noch viel, viel mehr bringen wird. Und ich danke euch, dass ihr das lest. Das hätte ich vor einem Jahr nicht gedacht (also das ich euch danke schon, aber nicht, dass so viele das lesen). Ich danke euch, dass es euch gibt und das ihr mir schreibt und das dadurch die beste Community meiner nüchternen Welt entstanden ist. Ich danke jeder Einzelnen/jedem Einzelnen von euch, der/die sich hier auf meine Seite verirrt hat. Danke & i love you.

Mutti hat die besten Socken
Wintersocken

photo credits: ich; annalia baggiano; neonbrand // Unsplash.com

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