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Co-Abhängigkeit - Ungewollter Komplize?

Was ist Co - Abhängigkeit?

Um es vorweg zu nehmen, ich bin weder Therapeutin noch psychologische Beraterin. In meinen Artikeln (wie auch in diesem), beschreibe ich lediglich Dinge, die ich in meiner Vergangenheit gelernt und/oder selbst erlebt habe.

 

Falls du das Gefühl hast, dass eine Person in deinem näheren Umfeld ein Suchtproblem hat, dann scheue dich bitte nicht, um Hilfe zu bitten. Ich kenne beide Situationen. Einen Menschen in meinem nahen Umfeld zu haben, der Suchtkrank ist und später selbst Suchtkrank zu sein. Erstere Situation war emotional ebenso anstrengend, kräftezehrend und beschämend wie Letztere.

 

Zunächst einmal möchte ich den Begriff 'Co – Abhängigkeit' klären.

"Dies bedeutet nicht, dass du ein 'Trinkkumpane' oder ein 'Ballerfreund' bist."

Auch nicht, dass du selbst zwangsläufig ein Suchtproblem hast. Co – Abhängig wird man relativ schnell und häufig, sobald eine nahestehende Person ein süchtiges Verhalten an den Tag legt. Co – Abhängigkeit beschreibt eher ein unbeabsichtigtes Verhalten, welches das Suchtverhalten der betroffenen Person unterstützt. Dementsprechend kann auch beispielsweise das Nichtstun, oder Nichts-sagen, zur Sucht beitragen.

Was kann ich tun?

Ich denke der erste Schritt ist anzuerkennen, dass die betroffen Person ein Suchtproblem hat und das fällt den meisten schon schwer. Lieber Scheuklappen auf, wird schon nicht so schlimm sein! Schließlich möchtest du ja, dass es dem Betroffenen gut geht. Das er kein Problem hat. Dass das Leben in geregelten Bahnen verläuft und das Problem einfach wieder verschwindet. Leider muss bei einer Sucht 'das Kind erst in den Brunnen fallen' um tatsächlich zu erkennen, dass eine Person ein Suchtproblem hat.

 

Meiner Meinung nach ist für Angehörige der wertvollste Schritt, sich zunächst einmal Hilfe zu suchen. Sei es in einem Gespräch in einer Suchtberatung oder in einer Selbsthilfegruppe, in der man die Möglichkeit hat mit anderen Angehörigen in Kontakt zu treten. Der Schritt ist nicht leicht, aber ich denke es wird schnell klar, dass es einige Menschen gibt, die einen süchtigen Partner, ein süchtiges Familienmitglied oder eine(n) süchtige(n) Freund(in) haben. Und das kann ein Stück Last abnehmen.

"Was mache ich denn jetzt, wenn ich das Gefühl habe, dass jemand in meinem näheren Umfeld übertreibt?"

Zunächst einmal kann ich sagen, dass es wichtig ist, auf sein Bauchgefühl zu hören. Wenn der Bauch sagt, dass etwas nicht stimmt, dann hat er auch ein Mitspracherecht. Es bringt jedoch nichts, die betreffende Person mit Du – Botschaften und Vorwürfen zu konfrontieren, wie beispielsweise: 'Du trinkst zu viel!' 'Du solltest weniger trinken!' oder 'Du musst dir Hilfe suchen!'

 Der Süchtige weiß, dass er zu viel trinkt/konsumiert. Er weiß in den meisten Fällen auch, dass er weniger trinken/konsumieren sollte. Jedoch schafft er das nicht. Er ist eben süchtig.

Wichtig ist - so hart wie es sein mag und so viel Angst du davor haben solltest den anderen zu verletzen - offen darüber zu reden. Das Problem zu ignorieren und so zu tun, als wäre es nicht existent hilft weder dem Süchtigen, noch dir selbst. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Ich – Botschaften den Zugang zu dem Betroffenen leichter machen, wie beispielsweise: 'Ich habe das Gefühl, dass....' oder 'Ich habe Angst um dich! Ich mache mir Sorgen!'

Angehörige Suchtkranker
Co-Abhängigkeit

Dem Betroffen verständlich zu machen, dass du für ihn/sie da bist und bereit bist mit ihm/ihr Hilfe zu suchen, kann der erste Schritt sein. Dies schließt aber keinesfalls ein, dass süchtiges Verhalten geduldet oder unterstützt werden sollte. Es ist wichtig, dass klare Grenzen gezogen werden, keine Probleme vertuscht oder Aufgaben abgenommen werden. Sowie der Süchtige für sein Verhalten selbst verantwortlich ist, sollte auch das Umfeld stets bei sich bleiben und selbstverantwortlich agieren. Vermieden werden sollten Dinge wie jemanden davon abzuhalten zu konsumieren (das wird nicht funktionieren!), jemanden verbieten in eine Bar oder einen Club zu gehen in der/dem konsumiert wird (das wird auch nicht funktionieren!) oder aber die Wohnung nach Suchtmitteln zu durchsuchen (was soll das bringen?). Zudem würde ich persönlich davon abraten, sich auf leere Versprechungen einzulassen. Als Suchti kann ich dir sagen, wir haben unzählige Tricks und Ausreden, wir konsumieren trotzdem.

In meinem Fall hatte ich lange Zeit freie Fahrt. Lange Zeit hat in meinem näheren Umfeld niemand mitbekommen, dass ich ein Suchtproblem habe. Als es offensichtlich wurde, haben sich meine Freunde auch lange Zeit nicht getraut etwas zu sagen, denn sie wollten mich schlicht und ergreifend nicht verletzen. Das ist verständlich, aber somit habe ich einfach weiter gemacht.

Im Club kam einmal eine Bekannte auf mich zu und meinte: 'Vlada, fang bitte eine Therapie an!' Frage: Warum sollte ich das in dem Moment bitteschön ernst nehmen? Wir waren beide im Club, hatten beide Stoff und Alkohol im Blut. Warum sollte ich auf so eine Aussage reagieren? Ich dachte mir: 'Entschuldigung, was willst du mir gerade sagen? No way!'

 

Mein Papa hat mich kurz darauf auf mein übermäßiges Trinkverhalten angesprochen und meinte zu mir:  'Mädel, ich habe das Gefühl, du trinkst zu viel und das macht mir Sorgen!' Und ich dachte mir:

"Endlich sagt mal jemand etwas!"

Das mag komisch klingen. Nicht das ich es besonders toll gefunden habe, mit meinem Problem konfrontiert zu werden, denn das hieß, dass es nun auf dem Tisch ist und das fühlte sich gar nicht gut an. Aber somit hatte ich keine Möglichkeit mehr, mich weiterhin bedeckt zu halten. Die Katze war aus dem Sack. Und erst als meine Mama zu mir meinte: 'Ich halte das nicht mehr aus!', nachdem ich wieder einmal im Krankenhaus gelandet bin, wurde mir klar, dass ich so nicht weiter machen kann. Das nicht nur ich, sondern auch mein Umfeld leidet. Das sich Menschen, die mich lieben, Sorgen machen und hilflos sind. Ehrlichkeit hat geholfen. Gefühle haben geholfen und die Tatsache, dass ich gefühlt erst einmal alles verlieren musste, um zu begreifen, dass ich so nicht weiter machen kann. Das Kind musste erst einmal in den Brunnen fallen. Und bevor dein Kind in den Brunnen fällt, schau einfach mal bei uns vorbei!

drawing: me

photo credtis: Ahmed Rizkhaan // unsplash

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